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z.B. Lebenslauf
„Ein Leben lang nur Heimspiele“
Ich war Fünf und ein Clown, ein trauriger Clown. Meine entzündete Nase war ein roter Klops, und noch erbärmlicher sah das erste Zeugnis meines Lebens aus, das ich nach Hause brachte. Mein Vater sagte, was dazu damals im Revier und in Bottrop sowieso zu sagen war: „Wenn Du nicht lernst, musst Du in den Pütt.“
Das waren meine ersten bewussten Kindheitserinnerungen, die nächsten sollten zehn Jahre auf sich warten lassen. Auf einem Bolzplatz stürzte ich bei dem misslungenen Versuch einer Torwartparade mit dem linken Knie in eine zersplitterte Bierflasche, musste operiert werden und trotzdem zur Schule. Fortan durfte ich nur noch Fußball im Verein spielen und weiß seitdem: An dem Spruch „Scherben bringen Glück“ ist was dran.
Der Fußball veränderte mein Leben. Nein, nein, ich wurde kein Profi, dafür war ich einfach zu langsam. Oder wie einer meiner Trainer meinte: Aus einem Ackergaul kannst du kein Rennpferd machen.
Aber ich war talentiert genug, um fortan in der Schüler- und der Lehrermannschaft des Gymnasiums zu spielen, was sich nicht unbedingt negativ auf meine Noten auswirkte. Ich lernte, was nicht nur auf Asche, sondern auch im Leben wichtig war: Teamgeist, Durchsetzungsvermögen, die Einstellung, dass Alleingänge, zugegeben auch ein gesunder Egoismus zum Ziel führen. Aber unfair, nein, das war ich nicht oder nur ganz selten.
Nach dem Abi verlief meine Karriere anfangs so gradlinig wie die Spielfeld-Markierungen, die unser trinkfreudiger Platzwart mit dem Kreidekarren zog.
Die Bundeswehrzeit gewährte mir wenig hilfreiche Bedenkzeit. Immerhin durfte ich in den 15 Monaten statt mit Kugeln mit Fußbällen schießen. Da Soldaten in der Sportförderkompanie erst mittags anzutreten hatten, arbeitete ich vorher als Zusteller. Was ich nicht wissen konnte: Es war der Beginn einer unendlich langen Beziehung. Insgesamt 45 Jahre war ich für die Ruhr Nachrichten im Einsatz, vom Zeitungsausträger bis zum Chefredakteur und zwischendurch als freier Mitarbeiter, Pauschalist und „normaler Redakteur“, den es eigentlich nicht gibt. Jedenfalls arbeitete ich in einer Vorort-Redaktion, mehr Lesernähe geht nicht, durfte Reportagen für Wochenend- und Reisemagazine verfassen, den Mantelsport unterstützen, Politik und Kultur machen und wollte eigentlich nur eins: schreiben, schreiben, schreiben.
Zuvor brach ich noch mein Studium fürs Lehramt und meine Ausbildung zum Finanzinspektor ab, was aber keine verschenkte Zeit war: Ich wurde mehrmals mit dem Bottroper Team Deutscher Meister der Finanzämter, wir fuhren sogar zu den Europameisterschaften in Wien und Venedig. Die Feten in der Fachhochschule, dem romantischen Schloss Nordkirchen, auch das Versailles des Münsterlandes genannt, in dem mehr als 1000 Studentinnen und Studenten wohnten, waren berühmt-berüchtigt. Und nicht zu vergessen: Seitdem brauche ich keinen Steuerberater, um meine Einkommenssteuererklärung auszufüllen.
Ich spielte Doppelpass mit Journalismus und Fußball, reiste von der Sportredaktion entsandt oder auf eigene Faust zu Weltmeisterschaften in Mexiko, Italien und Amerika, nahm mir 1985 eine Redaktionsauszeit, um die Fußballlehrer-Lizenz zu machen, die mich berechtigte, einen Bundesligisten zu trainieren. Nur: Die Bundesliga meldete sich nie bei mir.
Macht nix: Ich wurde bald stellv. Chefredakteur und dann auch Chefredakteur, und das nur, weil ich den Theodor-Wolff-Preis gewonnen hatte – übrigens mit der Fußballreportage „Ein Leben lang nur Heimspiele“, womit wir wieder bei den Scherben sind, die Glück bringen.
Puuuh, Chefredakteur: Es ist ein Amt, das einen von Morgens bis Abends und meistens noch länger ausfüllte, war für 150 Redakteure, bis zu 20 Redaktionen und später auch für bis zu sieben andere Zeitungen verantwortlich, nebenbei auch für einen Relaunch nach dem anderen, für die Ausbildung der Volontäre, für Leserabende, für die Partnerschaft mit Borussia Dortmund, für …
… und irgendwie hatte ich doch noch Zeit für verrückte, einige sagen auch kreative Projekte: Als der BVB 100 wurde, sorgte ich dafür, dass 100 Walk-of-Fame-Sterne mit Supererfolgen und Namen der Stars auf dem Weg von der Gründungskirche des Vereins bis zum schönsten Fußball-Tempel einbetoniert wurden. Ich durfte im Auftrag des Verlags den VT08, den legendären Zug mieten und durchs Revier kurven, mit dem die Weltmeister von 1954 heimkehrten. Zur Überraschung aller wurden wir, ich meine natürlich die deutsche Nationalmannschaft 2006 Weltmeister, in einer sonderbaren Beilage dabei musste die WM noch ein Jahr warten, um unser Sommermärchen zu werden. Als Teamchef einer toller Truppe ließen wir unsere Leser auf zwölf Seiten im Finale jubeln und die Engländer nach zwei Podolski-Toren trauern.
Wenn die Welt verrücktspielte, wussten selbst meine beiden Töchter Lisa und Lena, welche Punkte Papa auf seiner to-do-Liste abzuarbeiten hatte: Die Kollegen für den Spätdienst mit Pizza belohnen, sofort mindestens eine Extraausgabe produzieren und am Tag drauf eine Spendenaktion organisieren. Gelegenheiten gab es in der Chefredaktionszeit leider mehr als genug, nicht nur, als am 11. September 2001 die Zwillingstürme fielen, der Tsunami ganze Dörfer in Südostasien zerstörte und Millionen Kinder in Afrika hungerten.
Am liebsten schreibe ich über Menschen: einst in Hunderten Kolumnen auf der Titelseite, später im Wochenendmagazin in meiner langjährigen Serie „Abenteuer Alltag“ und in vielen Reisereportagen. Seit April 2012 schreibe ich jeden Samstag offene Briefe an bekannte oder unbekannte Persönlichkeiten, die Ungewöhnliches leisten oder erlebt haben; mehr als 450 Briefe sind es bisher geworden, ein Drittel davon sind in drei Bänden erschienen. Ich glaube, der Buchtitel passt: „Ganz persönlich. Beckfelds Briefe“.
Ich mag die Nähe zu Lesern, zu Zuhörern, ich mag die Geschichten hinter der Geschichte, die ich auf Lesungen erzähle: im Pressehaus, in Kneipen und Kirchen, auf Schiffen und in Zügen, natürlich in Buchläden. Ich referiere über Journalismus, moderiere Talkshows, hatte bei „Hermanns Heimspielen bei Hürter“ (das ist eine urige Bottroper Kneipe) unter anderem Rudi Assauer und Cali Calmund zu Gast.
Nun halte ich auch Reden bei Geburtstagen, Hochzeiten und Trauerfeiern, weil es mir viel gibt, Menschen zu unterhalten, ihnen eine Freude zu machen, sie zu trösten
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